Personalbindung

Perspektiven aufzeigen und einen Ausblick geben

Eine Ausbildung im Lebensmittelhandwerk ist die Basis für eine Vielzahl an Weiterbildungen und Entwicklungen in dem Berufsfeld. In diesem Kurs sollen die möglichen Wege, die mit einer Ausbildung als Metzger oder Bäckerin einhergehen, in Form von Interviews und Schaubildern, aufgezeigt werden.

Die Metzgerausbildung als Basis

Daniel Rüweling (29) ist Geschäftsführer von Fleischwaren Rüweling, Mitgründer des Online Shops Wurstgeschwister und Fleischsommelier. Im Interview erzählt er von seinem Werdegang.

Daniel ist auch Fleischsommelier.

Daniel, du kommst aus einer Metzgerfamilie. Wolltest du immer schon eine Ausbildung zum Metzger machen?

Daniel: Nein, nicht direkt. Ich bin – wenn man so will – ein, zwei Umwege gegangen. Nach dem Abitur habe ich für zwei Semester Wirtschaftswissenschaften studiert. Mir war aber schnell klar, dass ich etwas „Anpackendes“ machen will. Mein Vater, der auch Metzger ist, und ich kamen immer wieder zu dem Ergebnis: Wenn ich Metzger werden und den elterlichen Betrieb übernehmen möchte, dann führt der Weg immer über eine Ausbildung.

Was war dir bei der Wahl des Ausbildungsbetriebes wichtig?

Daniel: Zum Einen wollte und sollte ich die Ausbildung in einem anderen als dem elterlichen Betrieb absolvieren. Das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Zum Anderen sollte der Ausbildungsbetrieb kein Industrieunternehmen sein, aber auch kein zu kleiner Handwerksbetrieb. Ich wollte alle Bereiche – vom Zerlegen, über die Wurstherstellung und dem Pökeln vom Schinken – kennen lernen und gleichzeitig Prozesse und Abläufe sehen und verstehen. Das konnte ich während meiner Ausbildung dann auch. Die zwei Jahre (ich konnte die Ausbildung aufgrund meines Abiturs verkürzen) waren für mich interessant und spannend. Nach meiner Ausbildung war ich im elterlichen Betrieb noch ein halbes Jahr Geselle.

Hättest du rückblickend etwas anders gemacht? Hast du Empfehlungen?

Daniel: Ich hätte im Nachhinein noch länger als Geselle arbeiten sollen und so verschiedene Erfahrungen und Einblicke sammeln können. Die Metzgerwalz wäre zum Beispiel noch ganz interessant gewesen, um unterschiedliche Betriebe – vielleicht auch in anderen Ländern – kennen zu lernen. Ich kann nur empfehlen, die Ausbildung so lange wie möglich zu machen und dann Eindrücke und Einblicke in den unterschiedlichsten Betrieben zu sammeln.

Wie ging dein Weg weiter?

Daniel: Ich bin nach Frankfurt gegangen, um meinen Meister zu machen. Ich war drei Monate an der Meisterschule. Für weitere drei Monate habe ich meinen Betriebswirt des Handwerks für die Fachrichtung Fleisch an der Fleischfachschule gemacht. Das ist gerade dann sinnvoll, wenn man bis dahin noch nicht viel mit Buchhaltung und kaufmännischen Arbeiten zu tun hatte. Danach habe ich für ein Jahr bei einem großen Zerlegebetrieb als 2. Abteilungsleiter der Rindfleischabteilung gearbeitet. Es war interessant auch mal die Strukturen, die Organisation und die Planung eines Großbetriebes zu sehen.

2016 bist du dann in den elterlichen Betrieb gekommen. Ging es für dich da direkt als Geschäftsführer los?

Daniel: Nein, ich wollte erstmal zwei Jahre reinkommen und alle Abläufe verstehen. 2018 bin ich dann Geschäftsführer geworden. Seitdem leite ich den Betrieb mit meinem Vater. Er leitet die Produktion und ich übernehme die Bereiche Finanzen, Verkauf, Personal und Strategie.

Welche Fähigkeiten brauchst du? Gibt es Weiterbildungen?

Daniel: Als Selbstständiger braucht man sicherlich die kaufmännischen Grundlagen wie Preiskalkulation und ein Verständnis für die Buchhaltung. Auch die BWA sollte man Auswerten können. Im Bereich Mitarbeiterführung gibt es Weiterbildungen. Ich habe beispielsweise an einem Seminar für Personalmanagement teilgenommen. Dabei haben Betriebe aus der Lebensmittelbranche zwei Personen beratend zur Seite gestellt bekommen, die bei Personalfragen wie Mitarbeitergesprächen und der Führung helfen.

2016 hast du außerdem die Wurstgeschwister gegründet. Worum ging es dabei?

Daniel: Zusammen mit meinen Schwestern habe ich einen Online Shop aufgebaut, über den eingeweckte und haltbare Wurstprodukte, aber auch Grillfleisch deutschlandweit versendet wird. Ich glaube, dass es strategisch sinnvoll ist, sich möglichst breit aufzustellen.

Hast du deswegen auch den Fleischsommelier gemacht?

Daniel: Ja, auf jeden Fall. Ich wollte auch den kreativen Teil des Metzgerberufes noch besser kennen lernen. In zwei Wochen habe ich viel über die verschiedenen Rinderassen, die Aufzucht und Fütterung sowie die Sensorik gelernt. Ich habe nochmal eine ganz neue Perspektive auf das Fleisch bekommen. Interessant war auch das Netzwerken mit anderen Teilnehmern und Teilnehmerinnen.

Wie wendest du das Gelernte im Betrieb an?

Daniel: Wir bieten die neuen Cuts wie Terres Major und Vegas Strip Steak an. Dazu wurden alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geschult. Außerdem organisiere ich Steakseminare, bei denen ich am halben Rind erkläre, wo welche Steaks sitzen. Ich erkläre die Special Cuts, die dann später auch gegrillt und verköstigt werden. Das macht den Teilnehmern und Teilnehmerinnen Spaß – und mir auch.

Mit der Ausbildung zum Bäcker durchstarten

Holger Schüren (51) ist Brandenburgs erster Brotsommelier. Er ist außerdem Bäckermeister, Konditor und „Bäckaurant“-Betreiber. Was es damit auf sich hat und was Holger sonst noch alles macht, erklärt er im Interview.

Holger, fangen wir mit dem Aktuellen an: Erzählen Sie doch einmal, was Sie derzeit machen.

Holger ist Brandenburgs erster Brotsommelier.

Holger: Zurzeit arbeite ich mit meiner Frau in Brandenburgs erstem „Bäckaurant“, einer Kombination aus Restaurant und Bäckerei. In der Backstube produziere ich um die 100 Brote und 200 Brötchen, die hauptsächlich im Restaurant gebraucht werden. Ich backe also nicht das Vollprogramm, wie man es aus einer „normalen“ Bäckerei kennt, sondern wenige spezielle Sorten und für das Restaurant. Dort bieten wir Frühstück und ein Kaffeesortiment mit bestimmten Süßteilchen und Torten an.

Das hört sich spannend und nach einem neuen Anfang an. Wie war es davor?

Holger: Da habe ich an einem anderen Standort eine kleine Bäckerei mit 15 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen geführt, von denen fünf Lehrlinge waren. Leider ist nach 105 Jahren der Mietvertrag für den Bäckerei-Standort ausgelaufen, weswegen wir -zwangsweise oder zum Glück – nochmal mit einer neuen Idee und einem neuen Konzept durchstarten konnten.

Springen wir mal ganz an den Anfang. Wie ist es zur Selbstständigkeit gekommen?

Holger: Ich habe meine Ausbildung mit 15 Jahren zu DDR-Zeiten angefangen. Weil ich Einiges schon vom meinem Vater, der auch Bäcker war, kannte, konnte ich die Ausbildung aufgrund von guten Leistungen nach zwei Jahren beenden. Ich habe dann im elterlichen Betrieb gearbeitet, der mal kleiner, mal größer war und zu dem zwischenzeitlich 15 Filialen gehörten. 2001 habe ich dann meinen Bäckermeister und mich 2007 selbstständig gemacht.

Sie waren einer der ersten in Deutschland, die Brotsommelier wurden. Wann war das und wie lief die Ausbildung ab?

Holger: Genau, ich habe 2015 meine Ausbildung zum Brotsommlier im ersten Durchgang deutschlandweit gemacht. Die Ausbildung ging ein Jahr. Wir hatten sechs Monate Lernmodule, in denen viel Selbststudium verlangt wurde. Außerdem gab es zwei Prüfungsmodule und dann noch eine 60-seitige Projektarbeit. Das war sehr interessant und vor allem habe ich noch Vieles gelernt – von der Geschichte des Brotes, über die verschiedenen Arten und Herstellungsweisen von Brotsorten und das Thema Habtik sowie Festigkeit bis zur Interviewführung und Öffentlichkeitsarbeit.

Geht man nach einer solchen Ausbildung den Alltag als Bäcker anders an?

Holger: Auf jeden Fall. Mein Alltag hat sich danach stark verändert, weil wir erstens eine neue Richtung mit dem „Bäckaurant“ eingeschlagen haben. Ich kann meine Kompetenz im Verkauf nun ganz anders zeigen und Verkaufspersonal (auch von anderen Bäckereien) schulen. Außerdem gebe ich Seminare für Interessierte, die etwas über das Brot backen erfahren wollen.

Welche Aufgaben sind außerdem hinzugekommen?

Holger: Ich bin Genussbotschafter des Landes Brandenburg und war zum Beispiel 2017 UNICEF-Genussbotschafter. Demnach war ich auf vielen Veranstaltungen und habe viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Mir macht das eine Menge Spaß. Für eine kurze Zeit habe ich auch in Weinheim  an der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks unterrichtet, wo auch die Ausbildung zum Brotsommelier durchgeführt wird.

Was teilen Sie in Schulungen mit? Warum ist der Bäckerberuf ein schöner?

Holger: Zum Einen, weil man etwas mit den Händen selber herstellt. Zum Anderen, weil man schnelle Ergebnisse hat. Man sieht also relativ schnell, was man geschaffen hat. Es ist aber auch ein anspruchsvoller Beruf, weil man seinen Kopf zusammen nehmen und rechnen können muss. Gleichzeitig ist die Kreationsfähigkeit gefragt.

Wo sehen Sie außerdem Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven?

Holger: Es gibt die Möglichkeit, sich in der Welt zu behaupten. Gutes Wissen über Sauerteige und Herstellungsarten hilft in allen Teilen der Welt. Ich hatte beispielsweise eine Praktikantin aus Indien bei mir, die jemanden gesucht hat, der ihr in Indien beim Aufbau einer Produktion für Hotels hilft. Auch in Australien und Amerika sind Fachmänner und Fachfrauen aus Deutschland sehr gefragt. Es gibt also viele Möglichkeiten, sich international weiter zu entwickeln. Bäcker werden zum Beispiel auch in der Hotellerie und auf Schiffen gebraucht.

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